Tag 10

Reiten in den Walnusswäldern
Tag 10 - Reiten in den Walnusswäldern

Heute steht ein von vielen lang ersehnter Punkt auf unserem Programm: Reiten in den Walnusswäldern. Nach dem obligatorischen Frühstücksbrei gehen wir ein Stück in einen kleinen Ort, wo eine bunt zusammengewürfelte Gruppe Einheimischer schon mit ihren Pferden bereitsteht. Offensichtlich leihen wir die Pferde nicht, wie ich angenommen hatte, zentral von einem Gestüt, sondern bekommen sie von einzelnen Privatleuten zur Verfügung gestellt. Aufgrund meiner kompletten Unerfahrenheit was Pferde und Reiten angeht, werde ich angesichts der Pferde etwas nervös. Als wir aufgefordert werden, uns eines der Pferde auszusuchen, entscheide ich mich spontan für einen kleinen schwarzen Hengst, auf dem ein kirgisischer Junge von vielleicht 8 Jahren sitzt. Das Pferd wirkt ruhig und lieb, und wenn ein Kind das kann, wird es doch nicht so schwer sein. Mit etwas Hilfe schaffe ich es sogar ohne große Zwischenfälle in den Sattel.

Unser Weg führt uns durch ein kleines Dorf an den Rand der berühmten Walnusswälder und schließlich mitten in diese hinein. Das Gelände würde ich als Laie als komplett pferdeuntauglich bezeichnen: steile Hänge rauf und runter, teilweise rutschiger Schlamm und bröckelige, unbefestigte Steine in allen erdenklichen Größen. Ich habe öfters das Gefühl, mein armes Pferdchen bricht jeden Moment unter mir zusammen und stolpert mit mir in den Abgrund. Das Mitleid der Treiber, die mit unserer kleinen Herde mitlaufen, hält sich aber in Grenzen. Wenn es eines der Pferde wagt, am Straßenrand ein Maul voller Gras oder einen Schluck Wasser aus dem Bach zu nehmen, wird es beherzt geschlagen und laut vorangetrieben. Das Pferd tut mir so leid, dass ich einen Teil des Ritts damit verbringe, es zu tätscheln und mich bei ihm zu entschuldigen. Als ich ihm allerdings in der Pause einen Apfel füttern will, werde auch ich von den Männern verscheucht. Wir dagegen nehmen auf einer Lichtung ein üppiges Picknick zu uns, plötzlich taucht sogar eine kirgisische Frau auf und schenkt uns Kekse und eingemachte Erdbeeren. Danach reiten wir mehrere Stunden wieder zurück. Inzwischen hat sich der Himmel geklärt und die Sonne beleuchtet einen überwältigenden Blick auf die umliegende Berglandschaft. Leider wollen mir während des Ritts keine guten Fotos glücken. Zum Glück steigen wir kurz ab, als wir an einem Wasserfall vorbeikommen. Als wir am späten Nachmittag wieder am Startplatz ankommen und die Pferde den Besitzern zurückbringen, bin ich ehrlich gesagt erleichtert, dass Reiter wie Pferde den Tag heil überstanden haben und es nun vorbei ist. Anschließend fahren wir mit schmerzenden Körpern (es herrscht Uneinigkeit, ob Knie oder Popos schlimmer sind).

Zurück im Gasthaus hören wir eine Vorlesung über die einheimische Flora. Anschließend serviert uns die Köchin Plov, der nicht mit dem Reis im Restaurant zu vergleichen ist: es ist so köstlich, dass die Küche einen spontanen Applaus erntet und die vegetarische Variante ist tatsächlich fleischfrei! Am Abend hält der Gastvater eine kleine Ansprache, dass er noch nie eine so große Gruppe deutscher Studenten in seinem Haus beherbergt habe und dass er sich freuen würde, wenn es nicht das letzte Mal wäre. Darauf trinken alle, und das mehr als einmal.