Tag 9

Regen, Regen, Regen
Tag 9 - Regen, Regen, Regen

Alles ist nass. Unseren Informationen nach regnet es in Kirgistan zu dieser Jahreszeit so gut wie nie und wenn, dann nur sehr kurz. Beides erleben wir jetzt komplett anders. Irgendwann werden wir zum Frühstück gerufen und müssen unsere Zelte verlassen und raus in den Regen. Dicht gedrängt essen wir unseren Brei im Bus. Die Landschaft, die wir jetzt zum ersten Mal bei Tageslicht sehen können, ist sehr schön. Wir campen direkt am Rand der Walnusswälder, die hier wie alles andere auch auf Bergen liegen. Zwischen den Bäumen stehen Nebelschwaden in der Luft und erinnern an Bilder aus dem Regenwald. Die geplante Wanderung durch den Wald treten wir trotz des Regens an. Die Walnüsse, die ich koste, schmecken viel besser als die, die ich kenne. Ich kann nicht sagen, ob es an der Frische liegt, der Atmosphäre oder daran, dass es sich hier um eine andere Art von Walnüssen handelt, wie der Biologe erklärt, dessen Stirn mittlerweile ein Pflaster ziert.

Zurück im Camp wird diskutiert und schließlich beschlossen, dass wir unsere nassen Zelte abbauen und in das Gasthaus fahren, in dem wir planmäßig erst ab morgen einkehren wollten. Das Anwesen ist sehr hübsch, ein paar kleine Häuschen, auf deren Boden wir unsere Schlafsäcke zum Trocknen ausbreiten und vor denen wir die Zelte in die Sonne hängen. Diese scheint nämlich mittlerweile wieder und hebt meine Stimmung merklich. Wir bekommen eine Vorlesung über die Fauna Kirgistans (deren Inhalt übrigens hier nachzulesen ist: wildlife.kg) und erfahren, dass wir unter Anderem bereits einen Mull-Lemming und eine Pewzow-Kröte gesehen haben.

Beim Abendessen kommt von der Geologin der Vorschlag, man könne für das nächste Abendessen ein Schaf kaufen und es vor Ort traditionell schlachten. Die folgende Abstimmung verläuft sich in einer großen Diskussion, aus der ich mich enthalte. Einerseits braucht für mich niemand ein Tier schlachten, ich möchte das schließlich auch nicht essen. Allerdings finde ich, dass die anderen, die die ganze Woche begeistert Schafsfleisch gegessen haben, sich nicht plötzlich anstellen dürften, wenn es um die Beschaffung des Fleisches geht. Jemand witzelt, in Deutschland wachse das Fleisch im Kühlschrank. Genau diese Einstellung nervt mich zuhause so, dass ich gerne aus Prinzip für die Schlachtung stimmen würde. Als der Vorschlag allerdings von zu vielen abgelehnt wird, weil es bei so wenig Interessenten einfach zu teuer würde, bin ich zugegeben auch nicht traurig. So ziehen wir uns in unser gemütliches und vor allem trockenes Häuschen zur Nacht zurück.