Tag 8

Drama
Tag 8 - Drama

Der Tag beginnt um halb 7 mit dem Packen unserer Koffer und warmem Brei, wie jeder andere Tag. Heute habe ich meinen Durchhänger-Tag, ich bin müde und nicht mehr so motiviert wie zuvor. Die Aussicht auf eine lange Busfahrt ändert daran auch nichts. Die Tabletten gegen Reiseübelkeit waren eine gute Investition, ohne sie hätte ich es durch den Fahrstil unseres Fahrers und das Gelände, das teilweise einfach nicht für Autos geeignet ist, wohl kaum so lange geschafft, ohne mich zu übergeben.

Mittags besichtigen wir eine alte Stadt mit einem Turm und einem Mausoleum. Danach verabschieden sich unsere bisherigen Reiseleiter, pünktlich zur Ankunft des deutschen Ornithologen, der die Führung der Gruppe und die Übersetzungen von nun an übernehmen wird. Mit ihm gehen wir in ein Café, wo wir Plov bestellen, ein typisch kirgisisches Reisgericht. Wir Vegetarier werden an einen separaten Tisch abseits der "normalen" Gäste gesetzt und bekommen den gleichen Reis ohne die Fleischstücke obendrauf. Allerdings stellen wir schnell fest, dass lediglich kein Fleisch draufgelegt wurde und im Reis selbst sehr wohl viel Lammfleisch steckt. Nach meiner Höflichkeitsportion begnüge ich mich also mit dem köstlichen, frisch gebackenen Brot, Salat und Melone.

Nach dem Essen besuchen wir einen Basar. Als unverkennbar europäisches, blondes Paar ziehen wir sämtliche Aufmerksamkeit auf uns. Die Kirgisen scheuen sich nicht, uns offen anzustarren oder anzusprechen, dass wir ihre Sprache nicht verstehen, hält sie auch nicht auf. Das häufig als Frage gestellte Wort "Tourist" meinen wir zu verstehen und antworten, dass wir aus "Germania" kommen, was meistens mit Begeisterung der Fragenden belohnt wird. Am Nachmittag geht die Fahrt im Bus weiter und nimmt, obwohl es langsam zu dämmern beginnt, kein Ende. Im Gegenteil, wir halten sogar noch ein paarmal, um Felder am Straßenrand oder Arbeiter bei der Reisernte anzuschauen.

Bei Einbruch der Dunkelheit beginnt es zu regnen. Meine Hoffnung, das Zelt noch im Hellen oder wenigstens Trockenen aufzubauen, schwindet. Die Straße haben wir längst verlassen und der Bus holpert so schwankend über den unebenen Boden, dass es einige tatsächlich von ihren Sitzen reißt (Anschnallgurte gibt es nämlich keine). Mittlerweile ist es Nacht und der Regen immer stärker und meine Laune mittlerweile auf dem Tiefpunkt. Währenddessen findet die Allgemeinheit der anderen Teilnehmer die Situation sehr lustig, alle lachen und kreischen. Plötzlich hält der Bus tatsächlich an. Unser neuer Exkursionsleiter steht in der Tür und hält sich den Kopf, an seiner Stirn eine Platzwunde. Panik bricht in der Gruppe aus, alle wollen ihre mitgebrachten Medikamente und Mittelchen anbieten. Glücklicherweise sind unter den Teilnehmern eine Krankenschwester und eine Tiermedizinstudentin, die sich seiner annehmen und die Wunde spontan im Bus nähen und seine Verletzung versorgen. Da wir anderen im Bus eher stören, beginnen wir, im strömenden Regen unsere Zelte aufzubauen. Trotz unserer Eile wird natürlich sämtliches Gepäck nass. Und sobald wir einmal drinnen liegen, wirken die dramatischen Ereignisse und der Regen doch eigentlich ganz romantisch.